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Schreibhandwerk

Braucht jede Geschichte eine Message?

Ronny Rindler | 12. Dezember 2021

Braucht wirklich jede Geschichte eine Message? Das ist eine Diskussion, die ich als Autor häufig führe. Ich sage euch, warum ein Text ohne Botschaft nicht funktioniert und wieso auch Friede, Freude, Eierkuchen eine Kernaussage braucht.

„Eine was? Eine Message?“ „Muss es denn immer Drama sein?“ „Mein Text ist ja nur für Kinder.“ „Nee, ich möchte einfach nur nette Geschichten schreiben.“ Das sind Sätze, wie ich sie in meinen Schreibkursen und Schreibworkshops häufiger höre. Nicht selten verdrehen einige bereits die Augen, wenn ich das Wort Botschaft überhaupt nur in den Mund nehme.

Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, beharrlich immer wieder damit anzufangen. Um zu verstehen warum, ist es wichtig, sich erst einmal folgende Frage zu stellen:

Schreiben, was ist das überhaupt?

Wenn du einfach nur für dich schreibst, für dein Tagebuch, als Erinnerung, dann könnte man vielleicht sagen: Schreiben ist das Kritzeln von Wörtern auf Papier.

Aber niemand kommt in einen meiner Kurse oder Workshops, um das Kritzeln von Wörtern auf Papier zu lernen. Das Kritzeln von Wörtern auf Papier lernen wir in der Schule.

Wer in einen Schreibkurs kommt, der tut das, weil er gelesen und als Autor anerkannt werden möchte. Er schreibst also nicht für sich, sondern für andere. Er möchte sich mitteilen. Er kritzelt also Wörter auf das Papier, um sich zu verständigen. Und die Verständigung mit Sprache oder Zeichen ist Kommunikation.

Schreiben ist Kommunikation

Wir nähern uns dem Ziel! Führen wir diesen Gedanken einmal zu Ende. Schreiben ist also Kommunikation. Kommunikation wiederum ist die Übertragung von Informationen in Form von Wissen, Erfahrungen, einer Erkenntnis oder beispielsweise auch Empathie. Und: Jede Form der Kommunikation braucht einen Sender und einen Empfänger.

Beim Schreiben ist die Sache klar: Der Autor sendet, der Leser empfängt.

Was aber, wenn keine Kommunikation stattfindet, weil ein Text eben keine Information enthält, also weder Wissen, noch Erfahrungen oder Erkenntnisse vermittelt? Das fühlt sich dann in etwa so an, wie ein Blind Date, das dir den ganzen Abend lang gegenüber sitzt und sowas redet wie:

„Äpfel fliegen mit Himbeersoße durch das All, wenn Kuchen 200g wiegt. Ich topfe Blumen in den Pudding. Mama murmelt. Franzbrötchen.“

Und ich betone an dieser Stelle ausdrücklich: Das ist keine Kunst. Das kann weg!

Belohne deinen Leser für seine Aufmerksamkeit

Nun mal Butter bei die Fische, wie man in Hamburg so schön sagt. Warum sollte ein Leser deinen Text lesen, wenn er keinerlei Informationen in Form von Wissen, Erfahrungen, Erkenntnis oder Empathie enthält?

Lesen kostet Zeit. Niemand hat Lust, seine Zeit zu vergeuden. Es sollte selbstverständlich für dich sein, dass du dich bei deinem Leser für die investierte Zeit bedankst. Das erreichst du mit deiner Botschaft. Und damit kommen wir zur letzten entscheidenden Frage dieses Artikels:

Was ist eigentlich eine Botschaft?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es am Ende fast immer das Wort „Botschaft“ ist, mit dem viele Berührungsängste haben. Entweder, weil man nicht in die hyperintellektuelle Ecke gestellt werden will, weil man selbst ungern „schwere“ Texte liest oder weil man niemandem den berühmten Zeigefinger präsentieren möchte.

Eine Botschaft muss aber nicht immer hochtrabend und weltbedeutend sein. Eine Botschaft ist der Kern an Information, den deine Geschichte transportiert, also:

  • eine Erkenntnis
  • eine Erfahrung
  • etwas Empathisches
  • oder Wissen.

Die Erkenntnis
Meine liebste Form der Erkenntnis ist die Pointe. Sie lässt mich erkennen, dass man mich gehörig aufs Glatteis geführt hat. Nicht selten entlädt sich diese Erkenntnis explosionsartig in schallendem Gelächter. Wunderbar! Und gibt es eine bessere Belohnung für investierte Zeit als herzhaftes Lachen?

Eine Erfahrung
Bei dieser Form von Message denke ich unweigerlich an das Buch Aschenblüte von Immaculée Ilibagiza. Wenn das Schreiben nicht dafür erfunden wurde, derartige Verbrechen an die Öffentlichkeit zu bringen, dann weiß ich auch nicht weiter. Berührend, schockierend und ermutigend zugleich!

Etwas Empathisches
Nun mag man sich streiten. Ich ganz persönlich denke hierbei sofort an Lyrik und die Versinnbildlichung von Emotionen und situativen Eindrücken.

Wissen
Hier stehen natürlich Sachtexte an erster Stelle. Aber auch Geschichten können durchaus Wissen vermitteln. Hierbei denke ich insbesondere an historische Romane, aber auch an Science-Fiction oder genial recherchierte Politthriller wie Des Teufels Alternative. Die Liste ist lang.

Ein guter Anfang erzeugt Spannung, ein gutes Ende Fans

Lieferst du deinem Leser am Ende deines Textes keines dieser Dinge, wird er gehörig enttäuscht sein und sich fragen: „Warum?“ Vielleicht wird er in Zukunft sogar einen großen Bogen um deine Texte machen. Denn Zeit ist schließlich kostbar.

Gelingt es dir aber, deine Botschaft mit deiner Geschichte zu transportieren, kommst du am Ende deines Textes auf den Punkt, wirst du deinen Leser mit hoher Wahrscheinlichkeit begeistern. Er wird dein Buch erstaunt beiseitelegen und denken: Bitte mehr davon!

Ja, aber wie bringe ich meine Message auf den Punkt?

Ganz einfach: mit jeder Menge Schreibhandwerk. 😉

Geschrieben von Ronny Rindler





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